Kirchenfenster der Friedenskirche, Foto: Sabine Manneke

Jahreslosung 2024

Der Gemeindebrief

Zurzeit geschieht oft genau das Gegenteil. Gespräche und Auseinandersetzungen sind härter und aggressiver. Meinungen stehen unversöhnlich gegenüber. Es wird nicht argumentiert, sondern geurteilt und verurteilt. Im Netz, in den Sozialen Medien, ist der Ton manchmal besonders rau, nicht selten beleidigend.

Der Stress in der Gesellschaft ist größer geworden, sagt der bekannte Soziologe Hartmut Rosa. Nach Corona sind die Menschen erschöpft. Es kommt Weiteres hinzu: die großen Veränderungen durch die Digitalisierung, der erschütternde Krieg Russlands gegen die Ukraine, die Angst vor einer Klimakatastrophe. Ich kann das nachvollziehen und merke das auch bei mir selber. Manchmal bin ich dünnhäutiger. Da bin ich in Gefahr, auf Kritik unangemessen zu reagieren.

Was bedeuten die Worte des Paulus in solchen Situationen? Sie bedeuten nicht, allem Streit aus dem Weg zu gehen und Auseinandersetzungen zu vermeiden. Meinungsverschiedenheiten sind normal. Es ist auch normal, dass Menschen unterschiedliche Interessen haben. Konflikte müssen ausgetragen werden. Aber da sollte es fair bleiben.

„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ Diese Worte hat Paulus in einem Brief an die Gemeinde in Korinth geschrieben.
Das ist ein hoher Anspruch, den Paulus hat: „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ Wenn viele Menschen das beherzigen, würde das sicher die Welt besser machen. Dabei geht es gar nicht um die großen Gefühle. Es reicht eigentlich schon, liebevoller miteinander umzugehen – das heißt: freundlicher und respektvoller. Damit wäre schon viel gewonnen.

In der jungen christlichen Gemeinde gibt es eine harte Auseinandersetzung darüber, ob Fleisch gegessen werden darf, das von heidnischen Opferritualen stammt. Oder es wird gestritten, ob Gemeindeglieder gegeneinander vor Gericht gehen dürfen. Oder wer an der Abendmahlsfeier teilnehmen darf und wer nicht. Immer wieder steht der Zusammenhalt der Gemeinde auf dem Spiel. Weil die Gemeinde unter Stress steht, mahnt Paulus eindringlich, alles in Liebe zu tun.

Dabei fordert er die Liebe nicht nur als ein gutes Verhalten ein. Er erinnert die Gemeinde daran, dass es Gottes Liebe ist, die das Leben trägt. Und er erinnert daran, dass diese Liebe in Jesus Christus besonders sichtbar geworden ist. Paulus redet von der Liebe Gottes als Kraftquelle für das eigene Leben. Er ist überzeugt: Menschen brauchen die Verbindung zu dieser Liebe, um eigene Schwäche zu überwinden, um auch unter Druck standhalten zu können und um in einem guten Sinn liebevoll füreinander da sein zu können.

Ich wünsche Ihnen von Herzen für das neue Jahr 2024, dass Sie die Liebe Gottes als eine Kraftquelle für ihr Leben erfahren. Gott stärke Sie in allem, was Sie an Lasten und Belastungen zu tragen haben – durch Geistkraft und liebevolle Menschen an Ihrer Seite. Helfe Gott Ihnen, das, was Sie tun, in Liebe zu tun! Möge für Sie so 2024 ein Jahr der Liebe werden!

Mit herzlichen Segenswünschen,
Volker Jung
Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau

Volker Jung

Seit dem 1. Januar 2009 ist Pfarrer Dr. Dr. h. c. Volker Jung Kirchenpräsident der EKHN. Das Amt des Kirchenpräsidenten ist mit dem eines Bischofs in anderen evangelischen Kirchen vergleichbar. Die Verfassunggebende Synode der EKHN hat 1949 aber entschieden, ihm die Bezeichnung Kirchenpräsident zu geben.

Der Kirchenpräsident vertritt die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) nach außen. Er hat den Vorsitz der Kirchenleitung inne. In eigener Verantwortung kann er zu wesentlichen Fragen, die Kirche, Theologie und Gesellschaft betreffen, öffentlich Stellung beziehen. Gemeinsam mit der Stellvertreterin und den Pröpstinnen und Pröpsten nimmt er die geistliche Leitung der EKHN wahr.